Wir können alles, nur nicht hören

Eine Person wird als gehörlos bezeichnet, wenn es ihr auch mit Hörhilfen nicht gelingt Lautsprache oder Geräusche wahrzunehmen. In Deutschland leben etwa 80.000 gehörlose Menschen, die seit ihrer Geburt taub oder im frühen Kindesalter ertaubt sind und eine halbe Million schwerhörige Menschen. Gehörlosigkeit ist unauffällig. Vielleicht eine der Ursachen, warum Probleme der Gehörlosen in der Öffentlichkeit selten thematisiert werden. So unscheinbar die Einschränkung des Hörsinns nach außen hin wirkt, desto schwerwiegender können die Folgen für Betroffene sein.

Taub ≠ stumm, dumm, schwach

Der Begriff „gehörlos“ wird erst seit den 50 er Jahren im deutschsprachigen Raum verwendet. Trotzdem werden Gehörlose immer noch häufig als „taubstumm“ bezeichnet. Da die verbreitete Annahme von taub gleich stumm und dumm nach wie vor besteht, ist es verständlich, dass diese Bezeichnung von Gehörlosen als äußerst diskriminierend empfunden wird. Gehörlose sind jedoch alles andere als stumm, sprachlos oder gar dumm. Mit den unterschiedlichen Gebärdensprachen verfügt die globale Gemeinschaft der Gehörlosen über vollständige, natürlich gewachsene Sprachen. Deutsche gehörlose und hörgeschädigte Menschen kommunizieren untereinander in der, gesetzlich und wissenschaftlich vollständig anerkannten, Deutschen Gebärdensprache (DGS). Deren differenzierte Grammatik unterscheidet sich grundsätzlich von der deutschen Lautsprache. Die dadurch oftmals vorhandene mangelnde Sprachkompetenz in der „Fremdsprache Deutsch“ vermittelt fälschlicherweise den Eindruck, Gehörlose seien „dumm“.

Leben in einer "hörenden Welt"

Das Leben in einer „hörenden Welt“ konfrontiert Gehörlose jeden Tag aufs Neue mit vielen Einschränkungen, selbst bei Alltäglichkeiten die den Hörenden selbstverständlich erscheinen. Die Hörschädigung stellt in den meisten Fällen eine enorme Kommunikationsbarriere dar.
Der Zugang zur vorherrschenden Lautsprache und das Erlernen der darauf basierenden Schriftsprache ist unter aktuellen Umständen nur sehr schwer oder nur unzureichend zu bewältigen. Aus diesem Grund haben Gehörlose nicht wie Hörende dieselben Möglichkeiten bei Bildung, Beruf, Freizeit- und Kulturangeboten. Auch die Knüpfung sozialer Kontakte ist mit Barrieren bei der Kommunikation verbunden.